Erster Eintrag

Vier Tage in meine Post-Studium-Tour hinein – die, wenn alles gut geht, mehrere Monate dauern und mich vielleicht über Wien, Genua und Barcelona nach Portugal führen wird – finde ich mich zum ersten Mal in der Stimmung, einen Eintrag in mein Reisetagebuch zu schreiben, das ich mir vorgenommen habe, um so manche Erlebnisse mit euch zu teilen. Portugal als Ziel ist nur als Antwort praktisch, wenn ich gefragt werde, was ich vorhabe; jedweder Ehrgeiz, dieses bestimmte Ziel zu erreichen, fehlt. Jetzt bin ich aber erstmal auf dem Weg nach Wien, und sitze auf einer nassen Bank bei Deggendorf in der Sonne. Ich habe für dieses Tagebuch meine Bluetooth-Tastatur mitgenommen, die ich mit dem iPhone koppeln kann, so geht das ganz wunderbar. Ich dachte ich gehe thematisch vor:

Die Glatze

Mein neuer Kopfschmuck – oder das fehlen dessen – hat ja für Verwunderung, Entzücken und auch Verständnislosigkeit gesorgt. Ich kann eigentlich nur Positives berichten. Ich bin losgeradelt, und habe in Fürth den Hansi abgeholt, der bis Regensburg sehr nett mit mir mitgeradelt ist. Er hat dort mit Freunden das „Cafe Z“, ein unangemeldete, lockeres Cafe in einem wunderschönen, leerstehenden alten Industriekomplex, der jetzt leider abgerissen wird. Dort wollten wir mir eine Glatze schneiden – diese Idee entspringt einfach nur meiner Neugierde auf die Erfahrung, nichts anderem – und haben dann in einer Dusche einen stumpfen Damenrasierer gefunden. Rosa war er, glaube ich. Ohne Rasierschaum, aber dafür mit viel Geduld, hat mir der Hansi dann die Glatze geschoren, was perfekt funktioniert hat. Kein einziger Schnitt. Auch die Tage danach hatte ich keinerleiHautreizungen, was mich sehr überrascht hat. Das Lustige an der Geschichte ist, dass er – auch sich selbst- noch nie nass rasiert hatte. Er war also in dieser Hinsicht völlig unbeleckt.

Ich hatte also mit der Glatze bisher noch keinerlei Probleme, es war nie kalt oder unangenehm oder so. Den Style finde ich auch wirklich cool, ich habe ihn sofort freudig angenommen. Ich habe in Facebook eine Seite abonniert, die heißt: „The Same Picture of Michel Foucault Every Day“, die kommentarlos jeden Tag das selbe Foto von Michel Foucault postet. Daran erinnert mich die Frisur. Und praktisch ist sie… allein weil sie so völlig pflegefrei ist, möchte ich mir am liebsten in zwei Wochen wieder eine schneiden. Mach ich aber glaub‘ ich nicht.

Ein letztes noch zur Glatze: man hat eine Glatze nur einen Tag. Am nächsten Morgen schauen schauen schon die Häärchen raus, und man hat einen grauen Kopf. Jetzt, an Tag vier, ist der Kopf immer noch grau, aber man spürt schon eindeutig Haare.

You’ll be slow anyway

Dieses Motto habe ich von meinem lieben linksradikalen Chris aus England, der mir die Fahrradwelt eröffnet hat. Zum ersten Mal schaffe ich es auf einer Tour überhaupt keinen sportlichen Ehrgeiz in Form von Kilometern oder Tageszielen zu haben. Wenn sich der Körper gut anfühlt, fahre ich, und wenn nicht, dann nicht. Das hat dazu geführt, dass ich die ersten zwei Tage 40km, gestern 80km, und heute – bis jetzt – 60km gefahren bin. Mein Körper, und meine beiden Mitfahrer – das linke und das rechte Knie – danken’s mir. Ihnen geht es großartig.

Das Wetter bisher

Bisher regnet es alle Stunde mal, heute vormittag die ganze Zeit. Ich kenne bewusst keinerlei Wettervorhersage, sodass ich einfach jeden Moment das Wetter so nehme, wie es kommt, und nicht über die Zukunft spekuliere. Die wunderbare Hilfe dabei ist mir aber meine super Regenausrüstung, die mit einer krassen Gore-Tex-Regenhose letzte Woche komplettiert wurde. Das besondere an diesen High-End-GoreTex-Dingern ist nicht (nur), dass sie einen wirklich trocken halten – heute Mittag habe ich nach zwei Stunden Dauerregen meine Jacke und Hose ausgezogen und war perfekt trocken. Sondern der Clou an ihnen ist, dass man sie anlassen kann, wenn es nicht regnet, und es sich wegen der Atmungsaktivität perfekt angenehm anfühlt. Also ich fahre seit gestern Mittag immer mit Hose und Jacke an, ob die Sonne scheint oder ob es regnet. Da auch alle meine Taschen wasserdicht bin, geht es mir regentechnisch paradiesisch: schlägt das Wetter um von Sonne auf Starkregen bleibe ich nicht mal stehen, ich fahre einfach weiter und ziehe mir die Kapuze über den Kopf.

Soviel für heute, jetzt fahr ich mal weiter, ich fühle mich gerade ganz fit, und die Sonne geht recht früh – vor 20 Uhr, glaube ich – unter.

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