Nice, danke für’s Weißbrot

Heute morgen wusste ich noch nicht, dass es die Wachau gibt, heute abend bin ich schon ein Fan. Es ist eine Gegend ziemlich genau zwischen Linz und Wien, an der Donau, mit Weinbergen, Burgen, Apfel-, Birnen-, aber vor allem Marillenbäumen. Diese letzteren, für die die Wachau berühmt ist, waren aber als einzige schon komplett abgeerntet: ich schöre, dass ich heute keine einzige Marille erspähen konnte. Es ist also eine sehr schöne Gegend, wenngleich ich das nur ahnen kann, denn es hat wieder den ganzen Tag geregnet, weshalb ich auch keine Bilder habe, die das Auge erfreuen. Eigentlich habe ich gar keine Bilder.

Jetzt am abend habe ich mich ein bisschen verfahren, wegen einem Marathon, für den einiges gesperrt war, und fuhr also abends auf und ab durch Weinberge auf der Suche nach der Donau. Mit der Geduld am Ende wollte ich nur noch meine 3,7L Wasserflaschen auffüllen, und es für heute gut sein lassen. Alles war aber schon dunkel, also fuhr ich zu einem hübschen Haus, in dem noch Licht brannte. Ich hätte wohl in kaum ein besseres Haus stolpern können, denn das war einer der Marillenbetriebe in der Region, seit Generationen in Familienhand, die Marillensaft, -schnaps, und -marmelade, sowie Weiß- und Rotwein herstellen. Die Großmutter füllte also mein Wasser auf, in einem Verkostungsraum voller Leckereien, und fragt mich aus: Herkunft, Alter, Studienfach, Studienort, Beruf, warum noch keinen Beruf, wenn dann welcher Beruf, schon beworben, warum nicht beworben… als die Flaschen gefüllt sind und die Fragen ausgehen, sagt sie: Ja, wollen sie unseren Saft probieren? Ja, gern! Also zieht sie eine Flasche dicken, tieforangenen Marillensaft aus dem Kühlschrank und schenk mir ein, und schenkt mir ein, und als noch ein viertel der Flasche übrig ist, schiebt sie mir die Flasche rüber und sagt „Trinkens ganz aus, da sind Vitamine drin!“ Stimmt. Ich hätte jetzt sicherlich einen Vitamin C Schock, wenn es das gäbe, was es nicht tut. Als die Flasche fast leer ist kommt eine Gruppe Gäste rein, und die Oma sagt: „Ich schau mal, ob ich noch Semmeln find“ und schwirrt davon. Ich rede mit der Gästeschar über Portugalpläne und Linzer Schnitten, und sie erzählen mir von Nürnberger Bratwürsten und Lebkuchen, die sie kannten, und es gibt Runden Marillenbrand. Als davon dann auch genug ist, kommt die Großmutter wieder, und gibt mir eine Plastiktüte mit nicht so geil aussehendem Brot, aufgeschnitten, und ich denke mir noch so, leicht spöttelnd: „Nice, danke für’s Weißbrot“, als ich sehe, dass es lauter Schnitzelsemmeln sind! Total begeistert bin ich jetzt also davon gefahren, super nette Leute, super nette Gegend, super leckerer Marillensaft, feines Abendessen. Wenn man da mal durchfährt, durch die Wachau, lohnt sich ein Halt.

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